Über mich
Zeitungsbericht vom 2. Februar 2012 (Abgeändert / Aktualisiert 2016)
„Would you know my name if I saw you in heaven“, singt Eric Clapton in „Tears in heaven“ – würdest du meinen Namen kennen, wenn ich dir im Himmel begegnen würde? Clapton komponierte den Song als Teil seiner Trauerarbeit, nachdem sein vierjähriger Sohn Conor aus dem 53. Stock eines Hochhauses in New York gestürzt war. Unzähligen Menschen geben Claptons Worte seitdem Halt. Menschen, die versuchen, einen Todesfall zu verarbeiten.
Auch Ursula Wäckerle liebt den Song. Auch sie hat ihren Sohn verloren. Maxi kam 2008 bei einem Unfall zwischen Edelshausen und Schrobenhausen ums Leben. Er war 18 Jahre alt.
Heute arbeitet Ursula Wäckerle ehrenamtlich als Trauerbegleiterin. Vom Katholischen Deutschen Frauenbund ließ sie sich dazu ausbilden. Damit möchte sie Menschen nach einem Todesfall ein Stück ihres Weges begleiten, ihnen helfen, zurück ins Leben zu finden. Zurück zu Hoffnung, Kraft und Lebensmut. „Die Trauer braucht Platz im Leben, sie sollte nicht verdrängt werden“, sagt Ursula Wäckerle, „sie ist so unterschiedlich wie das Leben selbst.“ Deshalb ist es ihr wichtig, Betroffenen nichts aufzuzwingen. „Ich möchte den Einzelnen so unterstützen, wie es für ihn am besten passt“, sagt sie. Das kann in festen Trauergruppen, in denen die Gemeinsamkeit im Vordergrund steht oder im Einzelgespräch stattfinden.
Einmal monatlich bietet Ursula Wäckerle Betroffenen auch die Möglichkeit, im Trauercafe einfach nur mal zu quatschen. „Viele erzählen dabei ein und
dieselbe Geschichte immer und immer wieder“, beobachtete Wäckerle, „daran erkennt man, wie wichtig Reden ist.“ Auch Trauertänze oder Rituale können helfen. Oder auch mal ungewöhnliche Wege zu gehen, wie etwa die Beerdigung noch einmal durchzuspielen. „Du erlebst als Trauernder die Beerdigung nicht mit“, weiß Ursula Wäckerle aus eigener Erfahrung, „wenn ich an Maxis Beerdigung denke, kann ich mich an fast nichts erinnern.“
Die Menschen, die zu ihr kommen, haben größtenteils ihre Kinder verloren, manche auch Geschwister oder Ehepartner. Doch das Trauercafe soll Anlaufstelle sein für alle, unabhängig davon, wie lange ihr Verlust bereits zurück liegt.
Die Religionszugehörigkeit spielt dabei keine Rolle. Ich nehme jeden Menschen wie er ist“, versichert Wäckerle. Oft seien die Menschen in der Zeit zwischen Tod und Beerdigung in einer Art Schockzustand, weiß Wäckerle. In dieser kurzen Zeitspanne seien jedoch wichtige Entscheidungen zu treffen – die Gestaltung der Traueranzeige, der Bestattung, der Gottesdienste. „Für viele wäre es gut, wenn sie in dieser Phase Unterstützung hätten“, ist Ursula Wäckerle überzeugt.
Auch das erste Trauerjahr sei extrem schwierig, da Festtage wie Weihnachten oder Geburtstage zum ersten Mal ohne den Verstorbenen stattfinden. „Um über diese Tage hinwegzukommen, kann es hilfreich sein, sie genau zu planen“, erklärt Wäckerle. In ihrem Beruf als Buchhalterin arbeitet sie selbstständig. Das gibt ihr die Freiheit, für Betroffene Tag und Nacht erreichbar zu sein. Familie, Beruf und Trauerbegleitung unter einen Hut zu bringen, ist für Wäckerle kein Problem. „Ich schaffe es, weil ich alles gern tue“, versichert sie, „außerdem habe ich das große Glück, dass mich meine Kinder voll und ganz unterstützen.“ Die 19-jährige Romina und ihre zehnjährige Schwester Elisa sind stolz auf ihre Mama. Romina findet es schade, dass es keine Trauergruppe gab, als sie sie gebraucht hätte und Elisa weiß: „Mit Mama reden ist schön.“
Kraft schöpft Ursula Wäckerle aus ihrem tiefen Glauben: „Ich glaube, der liebe Gott hat uns alles schon in die Wiege gelegt“ sagt sie, „Zufälle gibt es nicht – dies ist mein Leben.“ Dass sie ihr die Trauerbegleitung in der Pfarrei Mühlried ermöglichen, dafür ist Ursula Wäckerle Pfarrer Robert Skrzypek sehr dankbar. „Trauerbegleitung kann den Trauerweg weder verkürzen noch die Schmerzen nehmen“, sagt Wäckerle ehrlich, „aber sie kann helfen, ihn weniger einsam und hoffnungsvoller zu gehen.“
Zeit kann dich fertig machen, Zeit kann dich in die Knie zwingen, singt Eric Clapton. Aber auch: I know there’ll be no more tears in heaven – ich weiß, dass es im Himmel keine Tränen mehr geben wird.